Rechtlicher Hintergrund

 Öffentliche Einkäufer müssen gesetzlich festgelegte Verfahren bei der Beschaffung von Gütern oder bei der Beauftragung von Dienstleistungen oder Arbeiten einhalten. Vor allem müssen sie Grundprinzipien wie den freien Zugang zu öffentlichen Aufträgen, die Gleichbehandlung aller Auftrags- bzw. Lieferungsanwärter und Dienstleister sowie die Transparenz der Verfahren berücksichtigen.Der Zuschlag eines öffentlichen Auftrags verläuft nach einem bestimmten Schema, wobei verschiedene Phasen zu unterscheiden sind. In diesen Phasen kann nachhaltige Entwicklung berücksichtigt werden. Hier folgt eine kurze Übersicht der aufgrund der Gesetze über öffentliche Aufträge gebotenen Möglichkeiten:  Der Gegenstand des Auftrags ist eine Beschreibung des zu kaufenden Produkts oder der zu erbringenden Dienstleistung. Er kann auch als erwartete Leistungen des gewünschten Produkts oder der erwünschten Dienstleistung beschrieben werden. Durch die Mitteilung, dass die beschaffende Behörde auf der Suche nach umweltfreundlichen oder sozial verantwortlichen Produkten oder Dienstleistungen ist, richtet sich der Anwärter sofort auf Nachhaltigkeit ein.  Die technischen Anforderungen sind eine Weiterentwicklung des Gegenstands des Auftrags, anhand derer Unternehmen beurteilen können, ob sie an dem Auftrag interessiert sind. Im Gesetz sind verschiedene Arten der Beschreibung der Eigenschaften eines Produkts oder einer Dienstleistung zugelassen. Hinsichtlich der Umweltaspekte können z. B. technische Normen oder Anforderungen aus den Lastenheften bestimmter Umweltgütesiegel genutzt werden. Hinsichtlich der sozialen Aspekte kann z. B. auf technische Bestimmungen bezüglich der Zugänglichkeit von Gebäuden (Rollstuhlfahrer) oder der Lesbarkeit von Websites (Sehgeschädigte) verwiesen werden. In allen Fällen sind technische Anforderungen Mindestanforderungen, die jedes gültige Angebot eines Anwärters zu erfüllen hat. Ist aus einem Angebot ersichtlich, dass mindestens eine Anforderung nicht erfüllt ist, dann muss dieses Angebot abgewiesen werden. In der Zuschlagsphase beurteilt die beschaffende Behörde die Qualität der eingereichten Angebote. Neben dem oft verwendeten Zuschlagskriterium ‘Preis’ können auch weitere Kriterien verwendet werden. Im Gegensatz zu den technischen Anforderungen, die als Mindestvoraussetzungen betrachtet werden, ermöglichen Zuschlagskriterien eine dynamischere Beurteilung. Angebote, die mehrere Zuschlagskriterien erfüllen, erlangen dadurch einen Wettbewerbsvorteil hinsichtlich der letztendlichen Entscheidung der Vergabebehörde. Für die Vergabebehörde selbst bieten Zuschlagskriterien die Möglichkeit, besser mit Unsicherheiten über die Verfügbarkeit auf dem Markt umzugehen. Deshalb werden die Zuschlagskriterien oft an ein Bewertungssystem gekoppelt. Schließlich müssen Zuschlagskriterien, genauso wie die technischen Anforderungen, im engen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Auftrags stehen.  Im qualitativen Auswahlverfahren (Ausschluss) können Antragsteller aufgrund ihres persönlichen Zustands von Angeboten ausgeschlossen werden. Dabei handelt es sich unter anderem um Fälle wie Konkurs, Betrug, Verurteilungen aufgrund von Verstößen gegen Gesetze (Umwelt- oder Sozialgesetze) oder aufgrund schwerwiegender Berufsfehler im Rahmen eines früheren Auftrags. Im qualitativen Auswahlverfahren (technische Möglichkeiten) können Vergabebehörden sich bezüglich der (umwelt)technischen Fähigkeit eines Anwärters informieren, einen bestimmten Auftrag durchführen zu können. Dazu können Umweltschutzsysteme (EMAS, ISO 14001, …) als Nachweis verwendet werden. Bezüglich sozialer Aspekte können z. B. Referenzen früher ausgeführter Aufträge mit besonderer Aufmerksamkeit für die Integration Arbeitsloser, Jugendlicher, ... in den Arbeitsprozess verlangt werden.  Die Durchführungsbedingungen sind die Vertragsbedingungen, die der gewählte Antragsteller und Auftragnehmer des Auftrags bei der Durchführung erfüllen muss. Vor allem im Rahmen von Dienstleistungen (Catering, Schulungen, Putzdienstleistungen, usw.) gibt es viele Möglichkeiten Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. So sind z. B. Einstellungsklauseln für Jugendliche und Arbeitslose, die Einhaltung der ILO-Konventionen, Berücksichtigung örtlicher Umweltrichtlinien, usw. möglich.  Die oben genannten Phasen sind nur ein Auszug aus den verschiedenen Techniken, die angewandt werden können, um nachhaltige Entwicklung in öffentlichen Aufträgen zu berücksichtigen. Zusätzlich dazu können mit der Wahl bestimmter Vorgehensweisen oder der Arbeit mit Varianten eigene nachhaltige Akzente gelegt werden.  Einkäufern wird immer empfohlen, sich am Anfang des Einkaufsvorgangs über die Marktsituation zu informieren. Nur so ist eine realistische Einschätzung eines nachhaltigen Lastenhefts möglich und besteht die Chance angemessene Angebote zu erhalten. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass die von einem Einkäufer aufgewendete Zeit für eine gründliche Marktstudie und für die sorgfältige Erstellung eines Lastenhefts fast immer günstige Auswirkungen auf den übrigen Einkaufsvorgang hat. Dadurch können nämlich mögliche Probleme vorhergesehen werden, und es kann im schlimmsten Fall ein neuer Anlauf einfacher in die Wege geleitet werden.  Die Marktstudie kann erfolgen, indem mögliche Lieferanten bezüglich ihres Angebots an nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen befragt werden, indem das Internet, Kataloge und Broschüren konsultiert werden; indem Umwelt- oder Sozialexperten in der eigenen Abteilung befragt werden, oder indem andere Behörden, Helpdesks oder Dachorganisationen kontaktiert werden. Dabei ist es wichtig, Angebote zu suchen, die von mehreren nachhaltigen Unternehmen garantiert werden können (Prinzip des freien Marktes). Möglichen künftigen Anbietern muss allerdings immer klargemacht werden, dass die Marktstudie kein Teil des eigentlichen öffentlichen Ausschreibungsverfahrens ist.   In dieser Marktstudie kann auch erörtert werden, ob der Auftrag die Ausschreibungsbeteiligung durch KMU oder sozialwirtschaftliche Unternehmen ermöglicht. Indem bestimmte Aufträge reserviert oder in Abschnitte unterteilt werden, können dieser Art von Betrieben Chancen geboten werden. In den verschiedenen Datenblättern dieses Leitfadens stehen konkrete Vorschläge, die in den Rahmen der oben stehenden Erläuterung fallen. Für detailliertere Informationen über die rechtlichen Möglichkeiten zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in öffentliche Aufträge gibt es verschiedene Handbücher. Hier folgt eine kurze Übersicht: - Handbuch der Europäischen Kommission: "Buying Green - umweltorientierte Beschaffung"  - Handbuch der Europäischen Kommission: "Leitfaden Berücksichtigung sozialer Aspekte im öffentlichen Beschaffungswesen" -  Handbücher des FÖD Personal und Organisation: Veröffentlichung noch nicht verfügbar (Mai 2011)Mehr >>